Es kommt selten vor, dass die Bundesregierung Geschäfte deutscher Firmen mit China untersagt. Doch das junge deutsche Unternehmen Mynaric, ein Spezialist für Satellitenkommunikation über Laserstrahlen, hat aus Berlin einen Untersagungsbescheid für Geschäfte mit Peking bekommen. Das börsennotierte Unternehmen aus Oberpaffenhofen bei München beteuerte sofort, dass bislang noch keine Technik nach China geliefert wurde. Nach dem Lieferverbot würden nun sämtliche Geschäftskontakte und -aktivitäten abgebrochen, heißt es in einer Mitteilung. Stattdessen hofft Mynaric nunmehr auf einen Auftrag aus dem Pentagon.
Das Lieferverbot nach China ist bemerkenswert, weil Mynaric Kommunikationstechnik für den Zukunftsmarkt der Mega-Satellitenflotten entwickelt. Projekte wie das Starlink-Vorhaben des Technikunternehmers Elon Musk oder ein Projekt des Amazon-Gründers Jeff Bezos sehen in den nächsten Jahren Flotten mit Tausenden Satelliten im All vor. Sie sollen Milliarden Menschen auf der Erde mit Internetzugang versorgen. Elon Musk hat binnen eines Jahres bereits 540 Satelliten ins All transportiert und ist damit bereits weltgrößter Satellitenbetreiber. Aber auch die Militärs sind an der als abhörsicher geltenden Technik interessiert.
Die Satelliten sollen untereinander und mit Bodenstationen über Laserlichtdatenverbindungen kommunizieren. Dabei sollen teilweise Entfernungen über mehrere Tausend Kilometer überbrückt werden. Die Technologie funktioniert bereits. Entwickelt wurde das Verfahren am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bereits vor zehn Jahren kam es zur Gründung von Mynaric. Das Unternehmen sieht sich weltweit in der Spitzenposition bei der Technologie. Noch steckt Mynaric mit rund 140 Beschäftigten und 400.000 Euro Umsatz bei 7,8 Millionen Euro Verlust (2019) ganz am Anfang. Doch es wird ein riesiger Markt in der Lasersatellitenkommunikation erwartet. 2020 sei das Schlüsseljahr zur Unternehmensentwicklung, teilte Mynaric mit.
Den Angaben zufolge gab es Planungen in einem fortgeschrittenen Stadium, „die Geschäfte mit China durch ein Buy-out zu veräußern“. Insider sprechen von einer geplanten Abspaltung der China-Aktivitäten durch ein Management-Buy-Out. Vorsorglich habe das Unternehmen in Berlin um eine offizielle Klärung angefragt, aber einen Untersagungsbescheid erhalten. Bei Mynaric heißt es auf Anfrage, dass dadurch ein 1,7 Millionen-Euro-Auftrag mit China wegfällt. „Dieser Eingriff zum Schutz der auswärtigen Interessen beweist die geopolitische Bedeutung der Laserkommunikation und die strategische Wichtigkeit der Mynaric Produkte“, schreibt das Unternehmen.
Mynaric wendet sich in Richtung USA
Der seit 2019 amtierende Mynaric-Vorstandschef Bulent Altan, ein Ex-Manager von SpaceX, erklärt zu dem China-Stopp: „Wir waren uns stets bewusst, dass Laserkommunikation irgendwann als Schlüsseltechnologie wahrgenommen und dadurch in den Fokus nationaler Sicherheitsinteressen rücken wird.“ Bemerkenswert ist, dass Mynaric jetzt versucht, in den USA bei einem Pentagon-Auftrag zu gewinnen. Verwiesen wird auf eine indirekte Beteiligung an der Ausschreibung der neuen US-Behörde Space Development Agency (SDA) für eine Flotte von Hochsicherheitssatelliten für die US-Regierung.
Die USA hatten 2019 neben dem Aufbau ihrer eigenen Weltraumstreitkräfte auch eine Agentur für Raumfahrtrüstungshightech gegründet. Die Agentur will „eine oder mehrere Konstellationen von Hunderten Satelliten für die Kommunikation und für die Raketenverfolgung bauen“. Die Satelliten sollen niedrig fliegen, um nur mit Mini-Zeitverzögerung die Daten zur Erde zu senden. Für 2022 sind erste Tests geplant. Die US-Agentur verweist darauf, dass es zwar mehrere Anbieter für optische Terminals gebe, aber noch keinen Industriestandard. Eine der Firmen, die bisher auf diesem Gebiet mit dem Pentagon zusammenarbeitet, ist das US-Unternehmen General Atomics Electromagnetic Systems.
Wie es in der Branche heißt, wäre es völlig ausgeschlossen, dass ein Unternehmen seine Technologie nach China liefert und gleichzeitig an einem US-Sicherheitsnetzwerk beteiligt wird. Mit der Untersagung der China-Lieferungen erweise Berlin womöglich den USA einen Dienst, weil sie nun darauf Zugriff bekämen, wird bei Insidern spekuliert. Womöglich haben die USA auch Druck ausgeübt, damit die sicherheitskritische Technologie nicht Peking in die Hände falle, lautet eine weitere Spekulation. In Mynaric-Kreisen wird der Berliner China-Exportstopp aber auch als Beleg für ein Dilemma von Hightech-Start-up-Firmen bezeichnet, wenn sie Geschäfte mit den USA sowie China anbahnen wollen.
Untersagungen von China-Geschäften aus deutschen Sicherheitsinteressen sind bislang selten. So hat die Bundesregierung im Sommer 2018 den Einstieg eines chinesischen Unternehmens beim Stromnetzbetreiber 50 Hertz verhindert. Im Herbst 2018 platzte der Verkauf der Spezialmaschinenfirma Leifeld Metal an einen chinesischen Investor. Nach der Einkaufstour der Chinesen bei deutschen Unternehmen, etwa mit der Übernahme des Roboterherstellers Kuka 2016, beschloss der Bundestag im Juni eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes. Damit soll die Übernahme strategisch wichtiger deutscher Firmen aus dem Ausland schwieriger werden. Künftig kann der Staat bereits eingreifen, wenn er eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der öffentlichen Sicherheit vermutet. Zuvor war eine „tatsächliche Gefährdung“ maßgeblich.
August 02, 2020 at 05:48PM
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Mynaric: Bundesregierung verbietet Verkauf von Satellitentechnik nach China - WELT
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